In der Silvesternacht gab es 5 Tote in Deutschland. Alle besoffen, alle hantierten mit illegalem Sprengstoff. Alles Männer.
Braucht es noch weitere Beweise für die evolutionäre Unterlegenheit von uns Männern?
Im Straßenverkehr, der von uns bekanntlich meisterhaft geführt wird, verursachen wir doppelt so viele tödliche Unfälle wie die Weiber, die ja nicht einparken können. Vielleicht behandeln wir Frauen deshalb von oben herab, weil wir neidisch sind, dass wir uns nicht selbst auf die Welt gebracht haben? Psychologinnen, checkt das mal durch!
Der Mutterneid wäre auch eine Erklärung für den noch immer deutlichen Gender Pay Gap: Frauen verdienen 20% weniger für die gleiche Arbeit. Sie lassen sich von uns über den Tisch ziehen, obwohl wir nachgewiesenermaßen nicht die hellsten Kerzen auf der Schlauigkeitstorte sind! Vielleicht ist das alles ein Riesenmissverständnis. Wahrscheinlich beruht der Gender Pay Gap einfach darauf, dass wir Männer uns wegen mangelnder intellektueller Kapazitäten bei der Bezahlung verrechnen. Liebe Ladies, das ist nicht böse gemeint! Schlagt einfach bei der nächsten Rechnung 20 Prozent drauf, dann gleicht sich das alles aus.
Viel erheblicher als der Gender Pay Gap mit seinen 20 Prozentchen scheint mir das in der Silvesternacht manifest gewordene Phänomen zu sein, in dem das erschütternde Geschlechtsgefälle 100 Prozent beträgt: Der Gender Explosion Gap. Eine bestimmte Art von Zerstörung wird eben immer nur von Männern verzapft.
Ich erinnere mich, wie die Zeilen eines Neue Deutsche Welle-Hits auf den 15-jährigen Mark so euphorisierend wirkten, dass er dachte, mit ihm beginnt eine neue Ära: „Ich sprüh’s an jede Wand, neue Männer braucht das Land!“, sang Ina Deter und meinte mich: Und die die anderen Jungs – von der 68er-Generation mit Patschuli, Psychologie, Rausch und Revolution geimpfte Posthippiekinder, die bald Männer sein würden. Wir standen in den Startlöchern, die harten Typen von den Role-Model-Thronen herunterzubegleiten, deren einziges Ausstattungsmerkmal körperliche Dominanz war.
Reflektiert, sexuell unverkrampft, die männlichen Unterdrückungsmuster wegtherapiert: So bildeten wir die Speerspitze der unbewaffneten neuen Männlichkeit. Ein paar Jahre später gab uns Tina Turner noch mit auf den Weg, dass niemand „another hero“ braucht. Heute, 41 Jahre später, wissen wir: Hat alles nichts gebracht. Gegen die bedrohliche Natur unseres Y-Chromosoms kommt kein Song dieser Welt an.
Aus den hoffnungsvollen Posthippies von damals sind dementsprechend längst alte (weiße) Männer geworden. In meinem Fall kann ich nicht anders, als das ganze Elend mittels in den Genen angelegten Mansplaining in einem Gedicht zusammenzufassen:
DER MANN
Wer zuckt nur mit der Wimper, wenn er selbstmitleidig weint?
Wer sagt ficken, wenn er damit praktisch demütigen meint,
Wer predigt was von Ehre und kennt 1000 Steuertricks,
wer hält die Liebste zu belügen für das größte Meisterstück?
Wer sperrt seine Familie in selbstgebaute Keller ein?
Männer hecken sowas aus, allein und im Verein.
Wer säuft sich ins Oktoberkoma und wettert gegen Cannabis?
Nur der Mann in seiner intellektuellen Sonnenfinsternis.
Wer spuckt auf die Straße und fordert Respekt?
Wer schickt Dick-Pics, weil er denkt, das hat erotischen Effekt?
Wer hat Angst vorm Urologen, aber zettelt Kriege an,
das macht alles nur
der Mann.
Wer kuscht vor seiner Mama und verprügelt seine Frau,
wessen Manieren sind wenn keiner zuschaut unter aller Sau?
Wer sprengt sich in die Luft, weil er an Sex mit Jungfrauen glaubt?
Nur der Mann, der bei Konflikten auch Enthauptungen erlaubt.
Wer schimpft gegen den Schiri bei dem allerkleinsten Foul,
wer haut wenn er besoffen ist, bei Streit sofort aufs Maul,
Wer ist Diktator und Despot, Terrorfürst oder Tyrann,
leider immer nur
der Mann.
Wer setzt das Zölibat durch und kauft Frauen auf dem Strich,
wer rühmt sich damit, dass er sich Begünstigungen erschlich,
wer spendet für den guten Zweck und macht es öffentlich
doch beim Unterhalt der eig’nen Kinder denkt er „Ohne mich!“
Der Mann.
Wer wäscht sein Auto spiegelklar und schickt Sondermüll nach Afrika,
Wer demonstriert gegen den Bündnisfall und investiert in Rheinmetall,
wer steht im Spot, zockt sich bankrott, wer ist der Henker am Schafott,
Wer ist Chef, Boss, Vorstand, Führer, wer ist Bischoff, Papst und Gott?
Der Mann.
Man tut, was man kann.
Liebe sehr verehrte Sonntagskindgemeinschaft,
mit diesem 173. Sonntagskind hoffe ich, den grauen Januartag ein bisschen aufzuhellen und zu ermutigen, angesichts des Wahnsinns, der den Globus zu beherrschen scheint, sich des Wunders des Menschseins gewahr zu sein: Unserer Sprache, der Künste, der Liebe. Wie schön, dass es Euch gibt. Bis nächsten Sonntag
Euer Mark
Sonntagskind macht eine Menge Arbeit. Als Hippiekind musste ich Disziplin entwickeln, um zu rebellieren. Sonst wäre Sonntagskind nur eine bekiffte Idee der Kategorie „Man müsste mal”. Selbstverständlich ist „Unabhängig und überparteilich” in dieser Redaktion keine Floskel, sondern die unbezahlte Wahrheit. Wer die kantige Realität der ehrenamtlichen Frühstücksliteratur etwas geschmeidiger erscheinen lassen will, wirft einen Obolus ins digitale Sparschwein der Schreibstube.
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Lieber und verehrter Autor, Künstler und Komponist. Als Subjekt Deiner wunderbar geschriebenen Worte (weiß, Mann, 60, früher Hippie, heute irgendwie mit wichtigem Job) wäre es wohl meine Aufgabe, mich der Demut hinzugeben und zustimmend zu schweigen. Aber der Impuls, mich zu erklären ist dann doch zu groß. Vielleicht habe ich die Ironie übersehen aber ein wenig fühlt es sich an, als wenn der Kotau in Deinen Zeilen dann doch zu stark ist, um ohne Gegenrede hingenommen zu werden.
Als bekennender Feminist, Linkspolitiker und Architekt der Bremer Landesstrategie für Gendergerechtigkeit, hoffe ich ausreichend unverdächtig zu sein, um mir die Worte zu erlauben. Ansonsten ist es auch egal, da ich nichts mehr werden will und daher etwas mutiger sein kann mit meinen Worten.
Insbesondere die angesprochenen Verhaltensperversionen in der Sylvesternacht haben mich getriggert, denn die sind nicht nur eine Frage des Geschlechts, sondern auch von Klasse, fehlgeschlagener Integration, Perspektivlosigkeit und kulturellen Divergenzen (ich weiß, die gibt es für viele meiner Genoss:innen nicht, aber die Welt ist eben von Unterschieden geprägt und läßt sich nicht alleine aus der westlich eurozentrischen Brille sinnvoll beurteilen).
Vieles in Deinen Zeilen trifft auf den Punkt aber erlaube mir, der Poesie durch etwas Ratio und Differenzierung etwas von ihrer Schönheit zu berauben.
DER MANN
Wer zuckt nur mit der Wimper, wenn er selbstmitleidig weint? Passt
Wer sagt ficken, wenn er damit praktisch demütigen meint,
Hier trennt sich dann doch die Spreu vom Weizen und die Verallgemeinerung ist nicht ok. Denn im Spannungsfeld der Erotik sind einfache Urteile immer schwer. Auch der Mann ist zu wahrer Liebe und Vereinigung in Harmonie fähig.
Wer predigt was von Ehre und kennt 1000 Steuertricks
Leider kann ich Dir hier viel weibliche Exemplare nennen, die sich hier sehr gut auskennen. Da gibt es einfach keine männliche Präferenz.
wer hält die Liebste zu belügen für das größte Meisterstück?
Hier sagen die Statistiken etwas anderes.
Wer sperrt seine Familie in selbstgebaute Keller ein?
Das sind wohl tatsächlich zu 99% Männern
Männer hecken sowas aus, allein und im Verein. Yep
Wer säuft sich ins Oktoberkoma und wettert gegen Cannabis?
Das tut nur ein Teil der Männer, denn auch der Konsum des edlen Krauts kann wohl nicht nur den Frauen zugeschrieben werden.
Nur der Mann in seiner intellektuellen Sonnenfinsternis.
Wer spuckt auf die Straße und fordert Respekt?
Yep, diese Phänomene sind immer wieder peinlich für unsere Spezies. Immer öfter überkommt mich die Abscheu vor niederen Verhaltensweisen. Das Spucken auf die Strasse ist eines davon, manch einer entledigt sich so auch seines Naseninhaltes.
Wer schickt Dick-Pics, weil er denkt, das hat erotischen Effekt?
Yep, unfassbar diese dumme schwanzfixierte Ignoranz.
Wer hat Angst vorm Urologen (Definitiv) aber zettelt Kriege an,
das macht alles nur der Mann.
Hier kommt man nicht herum, Frauen wie Claudia Major, Sarah Nanni oder Strack Zimmermann zu nennen, die in ihrer Kriegslust, den Männern in nichts nachstehen.
Wer kuscht vor seiner Mama und verprügelt seine Frau,
Auch das stimmt
wessen Manieren sind wenn keiner zuschaut unter aller Sau?
Yep
Wer sprengt sich in die Luft, weil er an Sex mit Jungfrauen glaubt?
Auch hier sind Frauen dabei und viele Frauen, die das beklatschen
Nur der Mann, der bei Konflikten auch Enthauptungen erlaubt.
Die Historie lehrt uns, dass viele Entscheidungen von Frauen im Hintergrund ihren mächtigen Männern eigeflüstert wurden, angefangen mit Salome.
Wer schimpft gegen den Schiri bei dem allerkleinsten Foul,
Ja, das sind mehrheitlich Männer
wer haut wenn er besoffen ist, bei Streit sofort aufs Maul, Yep
Wer ist Diktator und Despot, Terrorfürst oder Tyrann,
leider immer nur der Mann. Yep
Wer setzt das Zölibat durch und kauft Frauen auf dem Strich,
Ob das die gleichen sind, da bin ich unsicher
wer rühmt sich damit, dass er sich Begünstigungen erschlich,
Hier kann ich keine geschlechtspezifischen Unterschiede feststellen
wer spendet für den guten Zweck und macht es öffentlich
Auch das kann man bei Frauen erleben
doch beim Unterhalt der eig’nen Kinder denkt er „Ohne mich!“
Der Mann.
Ja, das ist so, aber gleichwohl findest Du Frauen, die in Scheidungsprozessen die Zukunft aller Familienmitglieder zerstören aus niederen Motiven wie Rache und Selbstsucht. Viele Väter, die ihre Kinder nicht sehen dürfen, können gruselige Geschichten erzählen. Hier ist der Mensch und die ihm innewohnende Egozentrik das Problem, nicht der Mann alleine
Wer wäscht sein Auto spiegelklar und schickt Sondermüll nach Afrika,
Teil 1 stimmt aber Teil 2 beschränkt sich leider wieder nicht nur auf ein Geschlecht
Wer demonstriert gegen den Bündnisfall und investiert in Rheinmetall
Auch hier erleben wir im Diskurs keine geschlechtliche Prävalenz
wer steht im Spot, zockt sich bankrott, wer ist der Henker am Schafott, Yep
Wer ist Chef, Boss, Vorstand,
Hier haben wir zumindest schon mal ein Drittel erreicht und können hoffen.
Führer, wer ist Bischoff, Papst und Gott?
Die christliche Kirche hat kaum noch gesellschaftliche Relevanz und die Gottesvorstellung von einem Mann ist auch nur eine von vielen.
Der Mann. Man tut, was man kann.
Leider nicht alle aber einige, wir können mehr tun aber sollten uns nicht allzusehr in der Täterrolle einsuhlen, denn dann wird auch das wieder zur Strategie. Lasst uns lieber aktiv daran arbeiten, dass die Welt etwas weiblicher wird und wir den Männern helfen, weicher zu sein. Lasst uns aber auch aufpassen, dass die Frauen nicht verhärten. Lasst uns das Gemeinsame und verbindende in den Vordergrund stellen und verstehen, welche Systeme uns alle prägen und beeinflussen - miteinander und füreinander.
Und lasst uns auch ein wenig nachsichtig miteinander sein, denn wir kriegen hunderte Jahre der Sozialisation nicht so schnell weg, wie wir es uns vorstellen und wünschen.
Daher danke für den Impuls.
Ich bin keine Männer-Hasserin, aber der Text ist leider wahr … Danke auch für dieses (wie immer) unterhaltsame „Sonntagskind“.