PS und Stilettos
Zu den beliebtesten Fetischen in Deutschland gehören Schuhe und Autos. Deutsche schlüpfen sogar in Schuhe, deren Design von Kraftfahrzeugen inspiriert ist. „Petrolheads” nennen sich die Leute, die beide Fetische kombinieren, wie uns das Perversen-Magazin „Auto, Motor und Sport” aufklärt.1
Es gibt Sounddesigner, die sich nur darum kümmern, dass so eine tiefergelegte Nuttenschubse röhrt und brummt wie ein Monster, dass die Welt zertrampeln will.
So weiß ihr Besitzer in jeder Motorsekunde, dass die zweihunderttausend Euro sinnvoll angelegt sind. Sorry, liebe Sexarbeiterinnen, „Nuttenschubse“ geht nicht gegen euch. Und bei Typen, die davon träumen, per Autoerwerb in die Fußstapfen von Kiezgrößen mit Schlag bei den Ladies zu treten, ist „Nuttenschubse“ doch gar nicht die falscheste Vokabel. Die im Klischee erschlaffte Genitalanalogie, die im PS-Monster-Zusammenhang gerne bemüht wird, will ich aber niemandem in die Schuhe schieben.2
Tanzteppich für Sugardaddys
Früher war ganz klar, was stilvoll war und was nicht. Die Bremer Diskothek „Old Fashion“ war in den 1990ern das angesagte Pflaster für solvente Herren auf großem Fuß. Und für Jungdamen mit Trophy-Wife-Feature, in deren Träumen ein Schrank voller High-Heels stand. Sie alle kamen nur dann am Türsteher vorbei, wenn sie auf dem gesellschaftlichen Parkett nicht mit Turnschuhen rumschlurften. Heute sind Turnschuhe in der hässlichen Mitte der Gesellschaft angekommen, wie man bei Fußballmillionären, CDU-Politikerinnen und Bankvorständen sieht. Frauen wie Männer, alle tragen „Sneaker“ – gebleichte Puschen aus Fernost. Auch, wenn ein Paar dieser geruchsaffinen Sohlensärge einen lila Schein kostet.
Tiefe Blicke auf hohen Hacken
Im Old Fashion hätten sie sofort einen langen Schuh machen müssen, egal wer sie waren. Die Bar mit dem Milieuvibe befand sich im Keller unterm Marriott-Hotel, in dem ich damals als Barpianist „gearbeitet“ habe. Katja, die Besitzerin der Diskothek, eine Grande Dame und Pionierin der Bremer Animationsgastronomie, lud mich ein, nach der Schicht in der Hotelbar bei ihr auf ein Glas Champagner vorbeizukommen. Dort unten gab es einen weißen Flügel, der mit Metall beschichtet war, um darauf zu tanzen. Manchmal spielte ich dann romantische Jazzballaden. Ich liebte den Ausflug in eine ganz andere Welt! Die üblichen Szene-Bars und das Old Fashion, das waren zwei Paar Stiefel.
Auf freiem Fuß im sexy Keller
Im Old Fashion gab es einen DJ, der die Lieder anmoderiert hat, ein bisschen wie auf dem Rummel, nur mit erotisierter Stimme. Er legte „Cha Cha Heels“ von Eartha Kitt & Bronski Beat auf, nach den ersten Takten senkte er die Lautstärke ab, ging so nah ans Mikrophon, dass seine Lippen den Drahtkäfig der Membran berührten, und säuselte „Ich hab’ jetzt hier eine ganz heiße Nummer für euch, Freunde. Zieht euch den sexy Beat rein. Enjoy…“ – dann erhoben sich Frauen und Männer aus den weißen Ledersofas, von denen man verschlungen wurde, wenn man nicht aufpasste, und es wurde sexualisiert geschwoft und gedanced, lange bevor die große Amy Winehouse in „Fuck me Pumps” den Lifestyle männerjagender Gold-Digger-Frauen besang.3
Künstlertricks für den Kutschenkaufmann
Als Kreativitätscoach habe ich mal einen Workshop für Top-Sales-Manager einer Luxus-Automarke gegeben. Mir war dabei ein bisschen mulmig in den Lackschuhen. Ich wollte nicht dazu beitragen, dass noch mehr aufgepimpte Prollschlitten mit ihren 12 Zylindern übers Kopfsteinpflaster meiner Nachbarschaft brettern – aber weil finanziell der Schuh drückte, kniff ich ein Auge zu. Meine Methoden wirkten, das Unternehmen ist erfolgreicher denn je. Womöglich bin ich an den panzerartigen Kompensationskutschen in unseren Städte mitschuldig. Aber die Verantwortung für die verdammten Sneaker? Den Schuh zieh’ ich mir nicht an!
Liste neu erfundener Wörter im 151. Sonntagskind: Trophy-Wife-Feature, Sohlensärge, Motorsekunde, Milieuvibe, Kompensationskutsche.
Verehrte Sonntagskindfreundinnen und -freunde,
ich gehe mit Freude jede Woche in mich, um unter meinen Gedanken die unterhaltsamsten zu finden, damit sie Euer Sonntagsfrühstück bereichern. Es tut gut zu wissen, dass Ihr stetig mehr werdet. Da ich keine Werbung betreibe, bin ich auf die gute alte Empfehlung angewiesen. Ihr macht mir die größte Freude, wenn Ihr diese Kolumne auf Eurer Facebookseite empfiehlt, per Mail an befreundete Schuhfetischisten oder Autohändlerinnen weiterleitet. Danke!
Sonntagskind bleibt umsonst, ich will es so. Wer aber trotzdem etwas zahlen möchte, ist herzlich willkommen.
Ich verweise auf die Sonntagskindausgabe „Überraschungen aus der Unterhose“, in der ich mich auf wissenschaftliche Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen der Lust auf dicke Autos und sexuelles Selbstbewusstsein bei Männern beziehe:
Wie unterhaltsam und gruselig :-) Ich habe den Text nicht laut gelesen, aber trotzdem zeigt mir das unverschämte digitale FB-Netz zeitgleich eine "Beitrags-Erinnerung" von 2012 an. Dieser Post, so entsinne ich mich, entsprang einer Wutreaktion auf un- oder übersensible Herren mit Kompensationskutschen. Er lautete:
"..immer noch und immer wieder der Versuch:
Gibt es irgendwann jemanden (Führenden) unter euch der mit mir Lindy Hop, Boogie, oder Rock n´Roll lernen möchte?
In den Tanzpartnerbörsen tummeln sich nur .....löcher. Ich spreche aus Erfahrung."