Verehrte Sonntagskindgenießende, regelmäßig Lesende, Brüder und Schwestern,
dass für Euch am letzten Tag der Woche Sonntags- statt Christkind im Fokus steht, rührt mich an! Statt in schlecht beheizten Gotteshäusern unterspannten Performanceverweigeren dabei zuzuhören, wie sie Bibeltexte in ein Mikrophon nuscheln, lest Ihr meine wöchentliche Offenbarung. Wie soll man als Künstler dabei nicht größenwahnsinnig werden?
Trotzdem soll es heute nicht um meine Gedanken gehen, sondern um die eines Mannes, der mit mir immerhin den Vornamen gemein hat. Viel Vergnügen mit Sonntagskind Nr. 135: Die Zuckerbergpredigt!
Schäfchen haben keinen Bock mehr
Die katholische Kirche muss sich dieser Tage warm anziehen. Die ganzen Sexskandale, dann der wirre Papst, die mafiöse Aura des Vatikan: Schäfchen nehmen Reißaus. Sie fühlen sich nicht mehr sicher in der Hand Gottes. Messen bleiben leer oder fallen aus (selbst unter Gottes Stellvertretern herrscht Personalmangel). Schäfchen haben keinen Bock mehr auf Schuldbekenntnis und Abendmahl. Heute will ich der Frage nachgehen, wo sich die ehemals kirchenfürchtigen Katholiken ihren religiösen Stoff holen, wenn sie den amtlichen Glaubensdealern nicht mehr vertrauen.
Der Herr wird es dir geben
Heroinjunkies bieten wir Methadon an als Ersatz für die Horrordroge. Aber kümmern wir uns genug um abtrünnige Christen? Ich glaube nicht! Doch ich weiß, wo der Vatikanverweigerer heute seinen Religionskick kriegt. Wer das Christencrack panscht, das gottesgierige Bibellämmer high macht.
Ich ahne, wer bald Ablasszahlungen kassiert und von wo der kommende Kreuzzug gelauncht wird: die nächste Inquisition findet online statt.
Religion für Algorithmensklaven
Ich habe ein sehr präzises Gefühl, das mir sagt: die künftige große Religionsbewegung ist schon in vollem Gange. „Sie trauen mir, diese Idioten.“ Dieser Satz stammt nicht von Jesus Christus, Donald Trump oder Sahra Wagenknecht, sondern von einem der reichsten Menschen der Welt. Sein Kontostand ist höher als der Himmel: 162 Milliarden Dollar Guthaben sind in der Privatkasse des Mannes, dessen Name wie das Heilsversprechen für Dopaminjunkies mit einer Neigung zu wenig nachhaltiger Ernährung klingt: Zuckerberg. Mark Zuckerberg, der Chef von Facebook (und den anderen beiden Lebensknebeln Instagram und Whatsapp) ist in Wirklichkeit der Papst der Neuen Epoche – wenn auch ohne jedes Gefühl für Mode – im Gegensatz zu herkömmlichen Päpsten.
Zuckerberg ist in dem Jahr zur Welt gekommen, das dank George Orwell zum Symbol für Überwachung und Fremdbestimmung wurde: 1984. Pikanterweise hat sich der visionäre Schriftsteller schon ein paar Jahre vor seinem Jahrhundertroman als Wahrsager mit Symbolik-Feature erwiesen: in Animal Farm lässt Orwell einen Raben vom religiösen Paradies erzählen, dem sagenumwobenen Kandiszuckerberg. Just saying!
Schlaue Sprüche zu sozialer Ordnung
Religionsführer hatten schon immer flotte Sprüche parat, wenn es darum ging, ihre visionsarmen Follower mit Sinn für ihr mieses Verhalten zu dopen. Jesusnachfolger Paulus zum Beispiel verkündete eine klare Idee für soziale Ordnung: „Jeder soll in dem Stand bleiben, in dem ihn der Ruf Gottes getroffen hat. Wenn Du als Sklave berufen wurdest, soll dich das nicht kümmern.”
Oder der Prophet Mohammed: „Erschlagt die Frevler, wo ihr sie findet, und packt sie und belagert sie und lauert ihnen in jedem Hinterhalt auf! Wenn sie jedoch bereuen und das Gebet verrichten und die Pflichtabgabe zahlen, so lasst sie ihres Weges ziehen.“ In dieser Glaubensgemeinschaft ist man in Ordnung, wenn man zahlt. Nicht schlecht! Der bärtige Massenverführer Bhagwan war eine Zeit lang sehr erfolgreich mit catchy Sätzen wie: „Verantwortlichkeit macht den Menschen zum Sklaven.“ – Was für eine Erleichterung!
Wie jeder anständige Topguru hat auch Zuckerberg Glaubenssätze parat, die einem das Leben leichter machen: „Bewegen Sie sich schnell und machen Sie Dinge kaputt. Wenn man nichts kaputt macht, kommt man nicht schnell genug voran.“ Klingt das nicht wie eine Vorlage für einen Kreuzzug 2.0?
Ich hoffe, dass ich Euren Sonntag nicht kaputt gemacht habe – schreibt es mir. Und bedenkt dabei: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!”, sagt J. Aber auch: „Habt Salz bei euch!”
Ich wünsche herrliche Frühlingstage. Nicht vergessen: in knapp zwei Wochen ist Karfreitag!
Amen,
Euer Mark
Neu erfundene Wörter in dieser 135. Sonntagskindkolumne: kirchenfürchtig, Glaubensdealer, Vatikanverweigerer, Religionskick, Christencrack, gottesgierig, Bibellämmer, Lebensknebel.
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Und woran glaubst Du?
Also, schöne, beängstigende Worte - man kann halt nicht an Gott und den Mammon gleichzeitig glauben oder so ähnlich. Everybodys Kingdom musst end. Deswegen glaube ich nur an den Moment und die Natur und natürlich an Liebe und Musik. Und manchmal auch an mich selbst.
Also manchmal muss ich ja entschieden widersprechen. Und von Showman zu Showman ,nicht mit Text, sondern mit der Aufforderung doch mal am Karfreitag in den großen Gottesdienst in St Johann / Bremen zu gehen(Zeit mitbringen unter 2- 2 1/2 Stunden geht da nix) Allerdings gibts an dem Tag keine Orgelmusik von dem psychedelischen Organisten (sehr abgefahren und toll der Typ) Also eher ein anderer Gottesdienst an einem anderen Tag ? Jedenfalls wirst Du alles widerlegt finden, was Du über Religion gesagt hast. Da braucht man über smart ass Z gar nicht zu reden. Und ja der Papst hat noch alle Tassen im Schrank, nur unsere fuckin Politiker nicht…