Früher war alles besser
Happy Donnerstag Nr.2: Über eine wiedergefundene Kassette mit richtig guter Musik
Früher war ja bekanntlich alles besser. Ich erinnere mich: mit ca. 18 Jahren traf man immer wieder vereinzelt „alte Leute” in den Bars. Einer von diesen Leuten flüsterte mir damals im Vertrauen am Tresen zu: „Heute ist nichts mehr los hier in der Szene. Aber damals, in den 60ern, da ging so dermaßen die Post ab, das könnt Ihr euch gar nicht vorstellen.” Ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, wie bei dem alten Mann mit dem traurigen Gesicht und dem offensichtlichen Alkoholproblem früher mal irgendetwas abgegangen sein soll.
Schließlich war ich gerade der Meinung, zum ersten Mal die beste Zeit meines Lebens zu haben – von Neugier angestachelt, von Lust gepeitscht, mit Unvernunft beschenkt litt ich nicht Abenteuermangel. Jetzt bin ich etwa so alt wie der melancholische Schluckspecht in den späten 80ern. Die Erinnerungen sind mir so präsent wie mein ganzer Krempel, den ich in Kisten ein Leben lang mit mir herumtrage, egal, wie oft ich umziehe.
In einer der Kisten finde ich zwischen fast 40 Jahre alten Konzertkarten von Ray Charles und Astrud Gilberto eine Kassette. Damals sagte man noch nicht „Mixtape”. Diese Kassette hatte mir meine Schulfreundin Tale aufgenommen und aufwändig beschriftet. Einen Kassettenrekorder habe ich auch noch, seitdem läuft die Maxell XL-IIS mit einer dermaßen geschmackvoll kuratierten Songauswahl, soetwas kriegt noch nicht mal der Deutschlandfunk hin. Das lässt sich überprüfen, ich habe Tales Kassette für euch in einer Spotify-Playlist nachgebaut. Die Kassette ist vom 2. Januar 1986. Früher war eben alles besser.
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Ab sofort "aktie" ich nur noch. Vielleicht ist die Übersetzung auch kurz ins niederländische abgerutscht (mit der Maus oder so?)?