Verehrte Leserschaft, schöngeistige, feinfühlende, empathische Menschen!
In diesem Augenblick sitze ich auf dem riesigen Bett eines Hotelzimmers an der Ostsee. Um mich herum Stille, draußen tappert ein Pferd auf der Koppel, ich bin allein. Ich habe Zeit. Zeit, meinen Gedanken ihre eigenen Wege zu erlauben und in das Glück hineinzuspüren, in dieser Zeit in diesem Teil der Welt sein zu dürfen. Ich wünsche Euch einen guten Sonntag, ganz nach eurem Geschmack – viel Spaß beim Lesen!
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Gewissensbisse klären durch Selbstbeschwichtigung
Als Teenager habe ich manchmal Fahrräder mitgenommen, die nicht abgeschlossen waren. In meinem hormonumnachteten Gehirn fand dabei eine philosophische Explosion auf Pubertätsniveau statt. Der innere Hippie säuselte: „Es soll so sein, dass dieses Fahrrad durch mich Teil eines nützlichen Kreislaufs wird. Ich werde es nach Gebrauch stehenlassen, jemand wird sich freuen und es mir gleichtun. Das Rad gehört schließlich uns allen.” Auch wohnte ein kleiner Sozialist in mir: „Wer so nachlässig mit seinem Eigentum umgeht, kann es sich auch leisten und erleidet keinen Schaden, wenn ich es ihm wegnehme.” Der dritte innere Ruf war noch weniger elegant: „Wer so blöd ist, sein Rad nicht abzuschließen, ist selbst schuld.” Andere Wahrheiten standen mir nicht zur Verfügung.
Leuchtende Lebensmaximen
Heute braucht keiner in meiner Nähe Angst um sein Eigentum zu haben: Ist dein Fahrrad weg, habe ich damit nichts zu tun. Es ist mir wichtig, im Einklang mit meinen Überzeugungen zu leben. Der Satz „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg’ auch keinem andern zu“ kam meiner Oma in passenden Augenblicken mit Nachdruck über die Lippen. Er taugt als Lebensmaxime, den meisten Menschen leuchtet das ein. Aber für den Fall, dass man zum Beispiel Hannibal Lecter begegnet, hatte meine liebe Großmutter keinen Reimsatz parat. Soetwas wie „Ist dein Feind ein Psychopath, streck ihn nieder, triff ihn hart“ konnte man von ihr nicht hören. Auch „Wer einen Mord in Auftrag gibt, ist keiner, der den Frieden liebt“ gehörte nicht zu Muddels Leitsätzen. Alle nannten meine Oma Muddel.
Schlag mich!
Als Hitler Russland überfiel, war sie 19. Sechs Jahre später musste sie mit zwei kleinen Kindern vor den neuen Machthabern fliehen. Das Wort „Machthaber“ fällt dieser Tage häufig. Es klingt nach kindlicher Allmachtsphantasie. Wer hat als Kind nicht probiert, „Ich bin der Bestimmer!“ zu rufen? Dabei dachte man, der kräftige Ruf schüfe auch die entsprechende Wirklichkeit. Denn Bestimmen ist geil. Kein 50 Shades of Grey ohne einen Bestimmer. Nur, dass die Unterwerfung da freiwillig passiert, sie ist Teil des Spiels.
Die Katastrophen meines Lebens sind bisher nicht der Rede wert, verglichen mit der Kriegshölle, durch die Muddel und ihre Generation musste. Verglichen mit den in den Krieg hineingenötigten Menschen in der Ukraine, mit den russischen Soldaten, die zum Morden gezwungen werden. Mit den Israelis, die von islamistischen Fanatikern mit Tötungsabsicht umzingelt sind, mit den Menschen in Gaza, die unschuldig sterben. Ich kenne keine Bomben, keine Killer, keine Panzer.
Dankbar und frei
Ich konnte mich als Jugendlicher in aller Ruhe entscheiden, ich selbst zu werden. Ich werde dafür bezahlt, Musik zu komponieren. Und wenn ich mich mal unfrei fühle, lässt sich das mit meiner Therapeutin klären. Alles, was ich mache, passiert in Freiheit – geschützt von einer tatsächlich friedlichen Gesellschaft.
Ich finde es nicht übertrieben, in jeder Sekunde für dieses Leben hier dankbar zu sein. Darin bin nämlich der Bestimmer. Und keiner muss sich unterwerfen. Ich will, dass das so bleibt.
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Ich gebe im Restaurant gern übertrieben viel Trinkgeld. Irgendwo muss das wieder reinkommen. Warum nicht hier?
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Ich freu mich, wenn hier was los ist: Von „Bravo, genau so ist es!” bis „Was für ein Unfug, geh’ arbeiten!” ist jeder Kommentar hier gern gesehen.
Dieser zufällig im Internet gefundene Clip einer Rede des Gouverneurs von Illinois hat mir heute Freude gemacht:
Guter Text,Mark. Dankbarkeit und Demut sind wunderbare Lebensbegleiter. LG😇
Du zeigst Spuren von Altersweisheit.........und ich bin da ganz bei Dir