Liebe Sonntagskind-Lesende, verehrte Gemeinschaft. Als ich diesen Text in der vergangenen Woche schrieb, war das verheerende Busunglück in Venedig noch nicht passiert. Auch dieses Bild kommt aus der Welt meiner Träume und soll bitte nicht als Kommentar zur Realität missverstanden werden. Diese Geschichte muss ich einfach erzählen. Viel Spaß beim Lesen – bis Sonntag,
Euer Mark
Der Fahrer springt mit dem vollbesetzten Reisebus über eine Klippe und landet wieder auf der richtigen Straße. Auf einer Strecke, die durch einen ziemlich gruseligen Delmenhorster Jahrmarkt führt. Ich will dort ins Hotel Thomsen und bin in Begleitung einer Freundin, sie ist Dichterin. Sie zeigt mir im Bus ein Gedicht, in dem es um eine 30-jährige Frau und einen 40-jährigen Frosch und die Unmöglichkeit derer Liebe ging.
Ich entdecke in ihrem Gedicht einen grammatikalischen Fehler, den ich ihr ankreide – Besserwisser, der ich bin. Sie verteidigt den Fehler mit „retralem Druck“ – das passiert, wenn man sich Versmaßregeln unterwirft, die man nicht sprachlich sauber erfüllen kann. Dann wird schonmal die Grammatik gebogen. Ich lache über den „retralen Druck“, diesen intellektuellen Euphemismus, woraufhin die Dichterin weint. Das wollte ich nicht.
Der Busfahrer führt uns beide in eine heruntergekommene Wohnung, die von Tagelöhnern und Bettlern bewohnt ist. Wir sollen dort warten, er würde uns später zur Rezeption des Hotel Thomsen führen. Ein paar Finsterlinge bedeuten uns in einer fremden Sprache, dass wir durch ein Loch im Teppich auf eine Leiter hinabsteigen sollen, die uns ein Stockwerk tiefer führt. Einen Kinderwagen müssen wir auch durch das Loch bugsieren, er geht gerade so durch. Unten ist auf einmal eine Party im Stil der 70er Jahre, mit Flokati, Soulmusik vom Plattenspieler und Bowle. Wir warten noch immer auf den Hotelier.
Irgendwann bringt uns ein Rumäne zusammengerollte Handtücher. Ein Hund schnappt nach einer Packung Schokolade, die auf dem Tisch mit der Bowleschüssel liegt. Einige der Gäste sind junge Münchner. Einer der Jungs sagt, er hätte nach dem Abi 120.000 Euro gehabt, einfach so, zum Verjuxen.
Ich wache schweißgebadet auf. Es ist Donnerstag. Es kann nur besser werden.