Vom geistig-seelischen Horror der sogenannten AfD trennen mich Welten. Trotzdem bekam ich in Diskussionen im vergangenen Jahr auf die Finger, wenn ich laut dachte, die menschenhassenden Islamisten, die auf der Straße tanzten, als Juden getötet wurden, könnte man vielleicht zum Teufel schicken, bzw. dahin, wo sie herkommen. „Du reproduzierst anti-islamische AfD-Positionen“, hörte ich dann. Das sitzt natürlich erstmal. Mit den übelgelaunten Dummschranzen, die den Osten mit ihrer Wir-sind-besser-als-die-anderen-Ideologie unterfluten, will ich nichts gemein haben. Trotzdem: Applaus von der falschen Seite zu vermeiden, ist doch pubertär. Bloß nichts machen, was die Alten gut finden.
Die Telekom versucht sich in ihrer aktuellen Kampagne gerade mit einem Slogan zu profilieren, der fast genau so klingt wie eine meiner besten Liedzeilen aus dem vergangenen Jahr. Die Verbindungsexperten, die daran schuld sind, dass man zwischen Berlin-Wannsee und Potsdam nicht telephonieren kann, behaupten ganz lässig: „Uns verbindet mehr, als uns trennt.“ Stimmt. Uns verbindet zum Beispiel, dass wir alle am selben Ort kein Netz haben. Das haben wir den Albanern voraus, bei denen ganz langweilig an jeder Ecke 5 Balken auf dem Display sind.
Bei mir heißt es „Weil uns alle mehr verbindet als uns trennt.“ Gut möglich, dass die Marketingexperten von Saatchi & Saatchi mein Video mit der neuen deutschen Hymne gesehen haben, meinen Instapost vom März 2022 gescannt haben, auf einem meiner Konzerte waren, was weiß ich. Ich möchte den Kleptokreateuren der Werbeagentur nur gratulieren, dass sie im Gegensatz zu mir die Grammatikregeln eingehalten haben: Vor „als” ist ein Komma zu setzen, wenn am Satzende ein konjugiertes Verb steht. Bravo! Applaus von der richtigen Seite! Vielleicht hatten die fleißigen Slogantexter aber auch selbst die Idee, so was kommt ja alle hundert Jahre mal vor.
Als der Komponist Arnold Schönberg um 1920 die Zwölftonmusik erfand, hatte gleichzeitig auch der weniger bekannte Kollege Josef Hauer den total konstruierten Gedanken, einen Ton erst dann wieder zu spielen, wenn alle anderen elf Töne auch dran waren. Faires Prinzip, gleiche Rechte für alle. Leider erwies es sich als unmöglich, mit dieser Methode irgendetwas zustande zu bringen, was Leute gerne mitsingen. Josef Hauer hat ein Leben lang gelitten, weil Schönberg den ganzen Zwölfton-Fame abgegriffen hat. Hauer wurde bitter. Schönberg hat ihm sogar angeboten, ein gemeinsames Buch zu schreiben, schließlich verband die beiden mehr, als sie trennte. Hauer aber blieb gallig. So will ich nicht sein.
Darum werde ich mich nicht bei meinem Urheberrechtsanwalt ausheulen, sondern mich freuen, dass ich mit meiner Erkenntnis nicht alleine dastehe und immerhin einen DAX-Konzern an meiner Meinungsseite habe.
Allerdings sind Meinungen langweiliger Kram. Was ist deine Meinung? Gähn. Interessant sind die Gründe dahinter. Die Erfahrungen und Gedanken, die zu einer Meinung führen. „Ich bin für Trump!“ Warum? „Keine Ahnung, der ist einfach besser.“ So so! So dürftig kann das Fundament einer Meinung sein.
Fuck Meinungen, feiere Haltung! Meinungen gibt es ohne Ende. Annabella (Name v. d. Redaktion geändert) wählt die Linken. Ein Teil von mir denkt, diese Partei ist ein von Putin infiltrierter Haufen verschwitzter stilloser Barbaren, die ihre mangelnde Bildung und fehlende Kultiviertheit als Arbeiter-Romantik missverstehen und alles bekämpfen, was mir wichtig ist. Neidisch glubschen sie aus ihren Holzfällerhemden auf diejenigen, die es zu etwas gebracht haben im Leben und wollen, dass es allen so schlecht geht wie ihnen selbst.
Kleine Nachricht an Barrikaden-Bert und Planwirtschaft-Petra: Bevor Ihr jetzt Euer Sonntagskindabo Abo cancelt – nur ein Teil von mir denkt so. Ein anderer ist genau wie Ihr und verachtet die reiche, mächtige Minderheit, die uns mit ihrer Kohle manipuliert und kleinhalten will. Als Elon Musk ernsthaft Millionen verschenkt hat, um Trumpwähler zu kaufen, habe ich alle meine Tesla-Aktien verscherbelt, aus Abscheu. Nach diesem ideologisch einwandfreien Akt verdoppelte sich die Tesla-Aktie. Das ist nicht schön. Enten zuzuschauen, die von Erpeln vergewaltigt werden, auch nicht. Was ist das nur für eine Zeit! Ob Markus Söder es wirklich an die Spitze des Staates schafft? Meinen Applaus von der falschen Seite bekäme er nicht.
Nun will ich Euch einen herrlichen Übergang ins Neue Jahr wünschen. Mögen seine Überraschungen und unerwarteten Wendungen unsere Horizonte bereichern, mögen wir die Kraft haben, den Herausforderungen der Zukunft mit Zuversicht zu begegnen. Ich freue mich, dass es Euch gibt. Danke für Eure Begleitung. <3
Im letzten Sonntagskind warf ich einen Köder aus: Wer mir Geld spendete, würde musikalischen Dank erfahren. So soll es sein. Auf diese Weise danke ich Daniela:
Und dieser Dank geht an Marcella:
Mein Insta-Post aus dem März 2022, liebe Telekom:
Lesende! Manchmal fragt Ihr mich: „Was ist mit Annabella?” Als kleines Weihnachtsgeschenk habe ich jede Kolumne, in denen Annabella auftaucht, unter dem gleichnamigen Reiter auf der Startseite verlinkt. Als Bonus hier der Reprint der ersten Annabella-Kolumne, als Sonntagskind noch gar nicht so hieß, viel Spaß beim Lesen:
Ich finde es wichtig, dass man sich nicht von der Meinung anderer beeinflussen lässt, sondern sich selbst Gedanken macht und eine eigene Haltung entwickelt. Gerade in einer Welt, in der Meinungen oft schnell und oberflächlich geäußert werden, sollte man den Mut haben, sich mit den Hintergründen und Gründen auseinanderzusetzen. Das zeigt Stärke und Unabhängigkeit.<3