Verehrte Sonntagskindler, liebe Leserinnen, Geneigte,
ich hätte Euch dieses 177. Sonntagskind gern erspart, aber es muss sein. Auch ein Frühstücksliterat kommt an den drängenden Themen der Gegenwart nicht vorbei. Die phantasielose Art, in der man sich gerade ums Kanzleramt bewirbt, erschüttert mich. Da ich spüre, dass es Euch genauso geht, hoffe ich, mit meinen Ideen zur Korrektur dieses kraftlosen Ringens ums wichtigste Amt im Staat ein paar Gründe auf den Frühstückstisch zu legen, nicht zu verzweifeln. Viel Freude beim Lesen!
Als Bühnenkünstler sage ich: Wir sollten einen Grund dafür bieten, von uns fasziniert zu sein. Von Musikerkollegen und mir selbst erwarte ich, dass wir unser Charisma auf ein Höchstmaß bringen. Wir erhöhen uns, wenn wir auf die Bühne gehen, da sollten wir etwas zu bieten haben. Aus der Masse herausstechen. Das gilt für alle Sparten des Showbusiness, auch für die Politik. Hier zum Beispiel Joe Chialos mutiger Vorstoß in die Welt der Jugendmode:
Unsere Besonderheit ist unsere Stärke. Gilt das für Politikerinnen nicht auch? Apropos Gendern: Roland Kaiser schlägt vor, bei diesem Thema locker zu bleiben. Sprache, so sagt er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, verändert sich nun mal. Wir reden ja heute auch nicht mehr wie im 19. Jahrhundert. Aber zurück zum Geschäft: So ein Bundeskanzler macht einen harten Job. Verantwortung ohne Ende, Gegenwind der krassesten Sorte, keine Zeit, um mal Breaking Bad von vorn bis hinten zu bingen. Trotzdem weiß jeder Depp (ich zum Beispiel), wie es besser geht, das muss man aushalten können als Spitzenpolitiker. Für mich wäre das nichts, ich wäre an meinem ersten Tag im Kanzleramt schon nach dem Frühstück derart beleidigt, dass ich mit niemandem mehr reden würde. Mein Staatssekretär würde instruiert, die Regierungsmöglichkeiten per Dekret auszuchecken.
Nach der Wahl am 23. Februar wird der Politikstil ein anderer, schätze ich. Trump macht’s vor: Entertainment rules. Das mit den Fernsehduellen hat sich überholt. Ich plädiere fürs Duett: Unvorstellbar, dass Scholz und Merz gemeinsam singen? Wenn sie müssen, werden sie schon! Die beiden haben was von dem innovativen Popduo „Yello“. Oder von den ewigen Streitbrüdern von Oasis: Brandmauer statt Wonderwall. Eigentlich aber sind sie die Simon and Garfunkel der deutschen Lethargie. „Symphonie des Stillstands“, so der Longplayer der beiden Baritone, die sich am liebsten gegenseitig im Weg rumstehen, wäre ein Album für alle, die genug haben – und wollen, dass das auch so bleibt! Nach dem erwartbaren Erfolg des Doppelwumms’ der Zeitenwende wollen sich noch mehr Fremde bei uns die Zähne machen lassen. Ob Olaf sich später daran erinnern kann?
Alice Weidel und Robert Habeck aber, die Cindy und Bert des 21. Jahrhunderts, erobern die verunsicherten Wählerherzen mit ihrem Blut-und-Biosound: „Ein Heizungsverbot für zwei“ und das im zerwühlten Liebesnest gehauchte „Realo-Love im Lakenkreuz“ sind die ersten Songs der beiden. Die braune Erbin des Nationaldarwinismus und der nachhaltige Herzbube, für den gerade alles im grünen Bereich ist, sind sich einig: Ein Volk, ein Wind, ein Schicksal!
Auch die beiden übriggebliebenen Galionsfiguren sollen ihre Chance auf dem Schlagermarkt bekommen. Der Schummelblender und das Taigaliebchen, zwei, die an der Mindestanforderung scheitern: 5% Würde. Ganz recht: Der Mann, der „Politik für alle" in ein Paywall-Modell verwandeln würde und die Chanel-Stalinette. Der feuchte Traum des Immobilienmaklers und die einzige Sozialistin mit Stil: Vorhang auf für Sahra und Chrissy! Er setzt sich für Steuerbegünstigungen für Reiche, sie kämpft für eine bessere Vergangenheit. Mit „Verstaatliche mein Herz“ und „Schuldenbremse für die Liebe“ steigen wir in die Charts ein. Ob das Debütalbum „Freie Liebe, freier Markt!” heißen soll oder „Der Weg nach oben führt über den Abgrund”, diskutieren bei ihnen die Praktikanten und halten es in einem geheimen D-Day-Papier fest.
Ach, wäre ich nur A&R-Manager einer großen Plattenfirma, mit diesem Bundestagspersonal würde ich richtig Kohle machen!1
Aber nochmal zurück zum Geschäft: Liebe Bewerberinnen und Bewerber um die Führung des Landes, gebt uns bitte Gründe, von euch fasziniert zu sein und sorgt dafür, dass wir das auch im Guten bleiben.
Denn so, wie es ist, kann es nicht weidel gehen. Hab Eckdaten gesammelt, veröffentliche sie im Merz. Klopft dreimal auf Scholz:
Euer Mark
Dir fehlt der Kompass im System, du bist vor lauter Irrsinn blind?
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Leute, wir müssen reden! Jetzt sagt doch auch mal was!
Ist dir zu heikel hier? Schreib mir heimlich:
Nur zur Statistik für mich als Labelchef: Wen wollt ihr lieber hören?
Verdammt, so ein Label kostet! Die vielen Besprechungen im Grill Royal, Interpretenakquise, Bestechungsgeschenke – das wird eine nicht unerhebliche Investition! Ohne Mäzeninnen und Gönner wird das schwierig …
Aber … ich bin ja jetzt Chef einer Plattenfirma! Habe mich noch nicht ganz daran gewöhnt: Das Label Sonntagskind mit der schönen Labelcodenummer LC 102459 wird in Zukunft meine musikalischen Edelspezialitäten veröffentlichen, die sich kein Radio zu spielen traut! Hier ein Selbstbildnis des Labelchefs. Anstatt, wie es angemessen wäre, meine genialen Ideen über die Zusammenlegung von Musikindustrie und Politik mit dem CEO von Spotify in einer Hotelsuite über den Dächern Manhattans zu besprechen, darbe ich im Habeck-Stil in einer Hütte mit Holzofen in den französischen Alpen. Beweisbild:
"5% Würde" ist so gut!
Chanel-Stalinette - made my day, schon vor dem Frühstück🥳