Tennisbunny Boris Becker war sich ganz sicher: Hitler täuschte seinen Suizid im Führerbunker nur vor, in Wirklichkeit versteckte er sich in Südamerika – so heißt es in einem Tweet, den BB auf der Wissensaustauschplattform X teilte. Ein paar schlaue Hasen zweifelten am Verstand des Sportgenies und gaben ihm argumentativ ein paar hinter die Löffel, er hoppelte daraufhin zurück. „Hattu missverstanden“, antwortete der Star sinngemäß und bat für seinen intellektuellen Osterspaziergang um Entschuldigung.
Dass der Ostersonntag 2025 mit dem Tag zusammenfällt, an dem wirre Sonderlinge wie Kaninchen im Scheinwerferlicht vor dem selbsternannten Erlöser des deutschen Volkes erstarren, passiert nicht alle Jahre. Heute aber finden die ewig Gestrigen zwischen ihren bunten Ostereiern auch ein braunes, das mittlerweile ins Bläuliche hineinschimmelt: 20. April, der Führergeburtstag.
Zu Zeiten seines Regimes ernannte der volksvernarrte Hassprediger den eigenen Geburtstag ganz bescheiden zum nationalen Feiertag. Dem Führer selbst hätte missfallen, mit dem anderen Erlöser um seinen Ehrentag konkurrieren zu müssen. Hitler nannte sich „Wolf“, war aber ein Neidhammel: Das Lamm Gottes war ihm ein Dorn im Auge. In seiner ganz eigenen Poesie kündigte der Religionsrivale an, er werde die Kirchen „abfaulen“ lassen wie ein „brandiges Glied“. Klingt verdächtig nach der Rührei-Lyrik von Rüpelrammler1 Till Lindemann, oder? Jede Wette, dass der Meister Lampe der Finsternis auf der Sprachwiese des Führers nach Wahnvokabeln graste.
Auf diesem Rasen hat sich gerade einer verlaufen, der ein nimmermüder Bewahrer von Liedern ist, die auch schon auf dem Grammophon in der Wolfsschanze schallten – da sind sich Experten einig. Heino – sein neues Lied ist selbst eingelammfleischten Fans zu bizarr. Fürs SS-Liederbuch wäre es viel zu frohgelaunt –richtig niedlich ist das Video von „Ein Gläschen am Morgen”, in dem sich der 86-Jährige mit Pornostar Micaela Schäfer und Tiktok-Turnhase „Streichbruder” zum alkoholisierten Alltag bekennt. Der Song wechselt fünf Mal das Tempo, das gab es in der Popmusik zuletzt bei Queens Bohemian Rhapsody. Am Ende überrascht uns der blondierte Barde noch mit einer osterlichen Pointe.
Ach Heino – fast 90 Jahre alt, schon so oft vom Feuilleton gekreuzigt, künstlerisch totgesagt und immer wieder auferstanden, haust du Sprüche raus, für die dich deine Jünger feiern. Auf die langweilige Pressefrage, wie autobiographisch das Lied wäre, konterst du mit schnapstrockenen Methusalemhumor : „Ich gönne mir privat eher ein Gläschen am Abend, denn morgens komme ich gar nicht dazu, weil ich meist bis mittags schlafe.” Darauf einen Eierlikör!2
Dass Euer Osterfest ganz großes Tennis wird, wünscht Euch Euer
Neu erfundene Wörter im 186. Sonntagskind: Tennisbunny, hineinschimmeln, volksvernarrt, Religionsrivale, Rühreilyrik, Wahnvokabeln, eingelammfleischt, Methusalemhumor.
PRESSEMITTEILUNG
100 Jahre „Mein Kampf”. Pünktlich zum Geburstag des „Führers” erscheint die von Sensitivity-Readern überarbeitete Neuauflage seines Pamphlets „Mein Kampf” von 1925 – mit einem den Bedürfnissen einer sensiblen Leserschaft angepassten neuen Titel und jede Menge gewaltfreier Alternativ-Vokabeln zu problematischen Begriffen wie „Untermensch”, „Herrenrasse” und „Endlösung”. Dys- oder Utopie? Häkchenkreuz-Verlag, 88 Seiten, €19,33
Sonntagskind bleibt gratis wie die Teilnahme am Ostermarsch. Wer in Tagen, in denen das Joch Jesu allgegenwärtig ist, auch das Leiden Scheibi mindern möchte: Hier ist die Kollekte der Kolumnenkirche:
Schreib mir, Hase:
Ausnahmsweise lese ich Euch die heutige, 186. Sonntagskind-Kolumne vor. In der einem Feiertag angemessenen Garderobe:
Als Hintergrundstudie empfehle ich diese Sonntagskindkolumne mit dem martialischen Poeten in einer Nebenrolle:
Nicht dick werden
„Nicht dick werden!“ höre ich meine Zahnärztin sagen, während ich einen Meter unter ihrem Gesicht auf dem waagerechten Zahnarztstuhl liege, mit einer Handvoll Watterollen und dem Absaugschlauch im Mund. Ich fühle mich so ausgeliefert wie ein Heidi-Klum-Mädchen während der Bewertung. Frau Doktor hat ja recht: ich habe es in den letzten sechs Wochen gesch…
Wer jetzt zum Beispiel gerade fast ein Jahr trocken ist und nun denkt: „Wenn Heino sich einen genehmigt, kann ich ja auch einen ganz kleinen … ”, möge bitte vorher meine Trinkerpost ‘Requiem für einen Drink’ lesen:
Requiem für einen Drink
Verehrte Leserinnen, Leser, Freunde und Lieblingsfremde, Gefährtinnen und Vertraute,
Nach dem Studium, und wenn Heinos neues Lied für deine Ohren etwas grob war, Zeit für eine andere Art Ohrwurm:
Bei allem Spaß wollen wir nicht vergessen, dass gerade eine Truppe kulturloser Antihumanisten um ein möhrenfarbiges Monster mit den Sexualmanieren eines Karnickels die Welt in einen devoten Hasenstall zu verwandeln trachtet. Zur Erinnerung meine Empfehlung eines Buchs meines Freunds Peter Prange, das eine Gesellschaft porträtiert, die sich freiwillig dem Terror unterwirft – davon kann der Karotin-Narzisst noch träumen:
Über die Leni Riefenstahl in uns
Geschichte hat mich in der Schule immer zu Tode gelangweilt. Was der bärtige Mann in der Cordhose und dem hässlichen Pullover vor der Klasse erzählte, hatte nichts mit meinem Leben zu tun. Das Mittelalter, die Perserkriege, die Räterepublik: da rein und da raus